Wednesday, July 20, 2011

Ich bin zu Gast...

Ich bin zu Gast.

Ich betrete den Hindu Tempel Sri Mariamman. Barfuß. Ein alter Mann im Eingangsbereich fertigt Laubsägearbeiten an und schleudert mir schrill zu, dass 3 Dollars zu bezahlen sind, falls ich photographieren wolle. Er selbst lehnt ein Photo mit einer herablassenden Handbewegung ab, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen. Meine Fußsohlen brennen. Räucherstäbchen, Blumenketten und Taubenkot vermischen sich in meiner Nase. Aromaexplosion. Die Luft ist schwül.

Von China Town über Little India, die Arab Street kreuzend, zum buddhistischen Gaya Tempel. Tempelhopping. Ich streife meine Flip Flops erneut ab. Schwarze Fußsohlen treffen auf graue Steinplatten. Meine Augen wandern nach oben. Vor mir ragt eine ca. 20 Meter hohe Buddhastatue auf, die mir freundlich seine Aufwartung macht. Mein Kopf ist so groß wie ein Fingernagel. Auf dem Opferaltar reihen sich Orangen, Bananen, Haltbarmilchkartons und Nagellackfläschchen aneinander und hoffen auf Erhörung. Ich frage mich, welcher irdische Mund sie wohl einmal verzehren wird. Ein Glücksrad offeriert eine große Weissagung, die für ein weiteres Leben von unsäglicher Bedeutung sein wird. Frauen drehen nach links. Männer rechts. Ich erdrehe mir Sona für 50 cents. Wikipedia verrät mir später, dass der Ausdruck im indischen Raum  für Gold verwendet wird. Eine gute Investition also.

Jeder Schritt setzt meinen Fuß in eine andere Welt. Ich bin Gast in Singapur.

Noch gestern verrenkte sich meine Kameralinse nach Auswüchsen des central business districts – dem Raffles Place, wo ein himmelhoch jauchzendes Bankgebäude das andere zu erdrücken scheint. Chinesische Gesichter verschwinden hinter elektronischem Spielzeug. Indische Gastarbeiter ziehen in Gruppen durch die Straßen. Sie halten sich wie Kinder an den Händen, als hätten sie Angst sich zu verlieren. Die Klimaanlage in der MRT kühlt alle Gemüter aus. Ich werde angestarrt. Die Quote benennt meine Rasse als kaukasisch. Hier bin ich ein Hingucker. Nur wenige U- Bahnstationen entfernt ist alles anders.

Ich staune über die Leuchtkraft der Farben, die Vielfalt, die Enge, die Gerüche, die Fassaden, die Tiefe und Versuche, Brücken zu schlagen. Nichts scheint auf Anhieb das zu sein, was es verspricht. Es ist wie mit der Drachenfrucht. Man sieht eine rote Rübe, schneidet, die Frucht blutet schwarze Kerne, man erahnt eine Kiwi, ist irritiert von dem pinken Fleisch, beißt zu und schmeckt wässrige Milde.

Ich bin zu Gast bei zwei lieben Menschen. Und ich bin voller Hoffnung.

Zwischen Todesstrafe und Pornographieverbot glimmt doch die eine oder andere Lotusblüte, die Zensur, Einheitsbrei & Konsorten  mutig abperlen lässt. Die Reise geht weiter.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen da draußen
eine geruhsame Nacht und bunte, aufregende Träume!

Herzliche Grüße
von Sandra

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