Die Fahrt nach Krakau war schnell, aber unerträglich heiß. Wir saßen im 6er Abteil und die Klimaanlage, die es in so einem modernen Zug geben sollte, ist ausgefallen. D. h. drei Stunden trugen wir „Schweißperlenketten“ am ganzen Körper – ganz schön luxuriös, nicht wahr? Luxuriös, wirklich luxuriös, fanden wir auch das Service der Polnischen Eisenbahngesellschaft. Es wurden Getränke, Snacks und lustige, ganz kleine Orbit-Päckchen verteilt. Sympathisch, sehr sympathisch.
Unsere Unterkunft in Krakau haben wir nach der Lage ausgesucht. Wir wollten unbedingt in Bahnhofsnähe bleiben und so haben booking.com und tripadvisor.com Recherchen ergeben, dass wir uns am besten im Enigma Hostels & Apartments (http://www.enigmakrakow.pl/) für kurze Zeit niederlassen sollten. Das Gebäude ist ein schöner, sanierter Altbau – genau nach meinem Geschmack und über den Tunnel direkt vom Bahnhof aus sehr gut und sehr schnell zu erreichen. (Name des Tunnels habe ich leider vergessen). Die Rezeption war bestens ausgerüstet mit Informationen und freundlicher Zuvorkommenheit. Wirklich empfehlenswert. Die Zimmer selbst waren in Ordnung. Man darf nicht vergessen, es ist ein Hostel inkl. einiger weniger Wohnungen.
Es war noch nicht allzu spät und so
machten wir uns auf zum ersten Erkundungsspaziergang. Wir spazierten am sehr
belebten Bahnhofsplatz vorbei, wo gerade eine Squash-Meisterschaft stattfand,
in Richtung des Stare Miasto – in die
Altstadt. Als wir am Hauptplatz ankamen, waren wir sprachlos. Die Sonne ging
grad unter und eine leichte Brise war auf der Haut und in den Haaren zu spüren.
Wow! Ein sehr großer, wunderschöner Platz in der Fußgängerzone, umrahmt mit Bars,
Restaurants und Cafés, die allesamt einladend wirkten. Wie soll man sie da bloß
entscheiden? Die Wahl fiel schlussendlich auf das Hawelka Restaurant, das wir
in Warschau vergeblich gesucht haben. Wir haben vorzüglich gespeist und uns
sehr nett mit einem älteren, vielleicht auch dem Ältesten noch agilen, Bewohner
der Stadt unterhalten. Eine weitere Runde um den Platz brachte uns per Zufall
zum Georgischen Restaurant, deren Küche und Weine wir gerade in Moskau schätzen
gelernt haben. Bei einem Gläschen georgischen Weins haben wir uns dann aber
auch gefragt, wie die ganzen Gebäude, vor allem aber die wunderschöne Kirche, die
direkt vor unserer Nase stand, eigentlich heißen. Wir wussten absolut nichts
über Krakau. Außer, dass es eine wunderschöne Stadt sein soll und es auch
tatsächlich ist. Wir mussten bis zum nächsten Tag warten, um alle Antworten auf
die Fragen zu bekommen. Denn, auch Krakau bietet die sogenannten Free walking
Touren an (http://freewalkingtour.com).
Klar, dass wir uns Jakob angeschlossen haben und freiwillig bei der Hitze eine
vierstündige Tour durch Krakau machten. Wir bereuten es nicht…
Jakob, unser sympathischer Guide, führte uns vor der Marienkirche, einer römisch-katholischen Basilika, dem Wahrzeichen der Stadt, in die Geschichte Krakaus ein. Wo Warschau im Zweiten Weltkrieg fast dem Erdboden gleich gemacht wurde, bekam Krakau keinen einzigen Kratzer ab. Wieso? Naja, um 1241 herum kamen die ersten internationalen Gäste nach Krakau – die Mongolen, nahmen alles mit, was gefiel und fackelten alles, was nicht gefiel, ab. Der damalige Bürgermeister holte deutsche Bürger nach Krakau, um die Stadt wieder aufzubauen. Das war wohl das erste und einzige Mal in der Geschichte Europas das Deutsche als echte Gastarbeiter fungierten. Das war auch der Grund, warum Krakau während des Krieges verschont blieb. Die Deutschen fühlten sich in der Stadt einfach wie zu Hause und ein zu Hause zerstört man ja nicht, oder? Abgesehen davon, dass die Stadt verschont wurde, kann sie nicht (die Stadt) über viele positive Ereignisse berichten. Mal Hauptstadt, dann wieder nicht, mal wohlhabend, dann arm wie eine Kirchenmaus. Im 18. Jhdt. verkaufte man sogar Ziegelsteine, um zu Geld zu kommen. Mal waren die Litauen im Lande, machten für eine kurze Zeit (ca. 200 Jahre) das größte Staatsgebiet in Europa aus. Dann waren plötzlich die Schweden da und führten Kriege mit den Polen, den Krakauern – und das 29 Jahre lang. Naja, und über kurz oder lang waren die mächtigen Österreicher da. Und sie brachten/führten einige positive aber auch skurrile Dinge mit bzw. ein. Positiv war, dass Polen durch die Österreichische Monarchie die Autonomie erlangte – endlich. Krakau bekam den Status der „spirituellen“ imaginären Hauptstadt Polens aufgebrummt und war – dada – wieder in aller Munde. Menschen strömten nach Polen, insbesondere nach Krakau, um mehr über die polnische Kultur zu erfahren, um die polnische Kultur zu studieren. Eine Skurrilität, die die Österreicher einführten, war der Nachname. Ja, davor hatten die Polen keine Nachnamen. Diese haben sie den Österreichern zu verdanken. UND, alle Deutschen, die ja als Gastarbeiter nach Krakau gekommen und geblieben sind, mussten ihre deutschen Nachnamen zu Polnisch klingenden Familiennamen machen; z. B. mit dem Suffix –owski. Es versteht sich von selbst, dass man auch fließend Polnisch sprechen musste. Integrationsansprüche bzw. –gesetze gab es schon damals. Sprach jemand nicht Polnisch, wurde er gehängt. Also, so neu kann das ja gar nicht sein!
So, und jetzt können wir mit der Führung
beginnen. Wie gesagt, der Ausgangspunkt war die Marienkirche, zu der ich etwas
später eine Kleinigkeit schreiben werde. Wir schlenderten durch eine der vielen
kleinen, bezaubernden Gassen Richtung Barbakan. Der Barbakan in Krakau gilt als
der größte erhaltene Barbakan Europas und dient heute als Historisches Museum.
Es wurde als Verteidigungswerk errichtet und war früher mit dem Florianstor
verbunden. Laut Jakob durften nur VIP’s den Barbakan passieren.
Logischerweise ging es weiter zum
Florianstor, dem letzten erhaltenen Stadttor der Krakauer Stadtmauer. Wieder am
Weg zum Hauptplatz auch als Marktplatz bekannt, machten wir kurz Halt beim Juliusz
Słowacki Theatre, das am ehemaligen Platz des Heiligen Geistes erbaut worden
war. Am selben Platz standen einst eine Kirche und ein Kloster, die 1886
abgerissen wurden, um dort das Theater zu errichten. Am Marktplatz angekommen,
widmeten wir unsere Aufmerksamkeit erneut der Marienkirche, genauer dem
Nordturm der Kirche. Die Kirche hat zwei Türme und in einem befindet sich die
Bläserstube, die einst wie heute von einem Trompeter stündlich aufgesucht wird.
Beginnend im 14. Jahrhundert läutete ein Feuerwehrmann zu jeder vollen
Stunde die Stundenglocke von Hand und spielt das Krakauer Trompetensignal
„Hejnał“ in alle vier Himmelsrichtungen. Es bricht mitten im Spiel ab und soll
damit an den Mongolenangriff (damals „Tartaren“ genannt) 1241 erinnern, bei dem
der damalige Trompeter während des Blasens des Alarmsignals von einem
Tartarenpfeil getötet worden ist – so die Legende.
Davor steht ein Monument eines Herrn, der
eigentlich gar kein Pole oder gar Krakauer war. Es handelt sich um einen Poeten
aus Litauen, der Krakau ins Herz geschlossen und fließend Polnisch gelernt hat.
Seine Gedichte (über Polen und Krakau) waren so schön, dass man ihm kurzerhand
ein Monument am bekanntesten Platz in Krakau errichtete. Den Namen hab ich mir
leider nicht gemerkt. :-(
Kurz blieben wir auch beim bizarren Kopf
Mitten am Marktplatz stehen und fragten uns insgeheim, was dieser Kopf an so
einem Platz – der den Titel des Weltkulturerbes auf Grund seines
mittelalterlichen Aussehens bekommen hat – verloren hat. Jakob klärt uns auf.
Der Künstler, Arosen Bondage, schenkte dem traditionellen, konservativen Krakau
einen Kopf im Wert von € 500.000 und obwohl es das mittelalterliche Stadtbild
stört, nimmt die Stadtregierung den Kopf dankend an. Na, man lehnt doch kein
Geschenk im Wert von einer halben Million ab. Wo wär ma denn?
Bald sind wir am Marktplatz durch und
machen uns auf den Weg zum wunderschönen Komplex der alten Universität. Der
letzte Stopp am Marktplatz ist die Markthalle. Was sonst? Heute dient sie
hauptsächlich als Markthalle für teuer zu erwerbende Souvenirs, einst war es
ein Markt, an dem man alles was das Herz begehrte kaufen konnte. Und sollte
einem das Messer, das seitlich, an einem Eck der Halle runter hängt, auffallen,
dann ist demjenigen das „Deutsche Gesetz“ aufgefallen. Wurde man zum dritten
Mal beim Stehlen erwischt, gab es die Todesstrafe.
Und so verlassen wir den Marktplatz und
spazieren gemütlich in den Innenhof der Universität, einer der ältesten in
Europa. Persönlichkeiten wie Kopernikus und Johannes Paul II. studierten dort.
Und schon erzählte uns Jakob vom Leben des charismatischen Papst Johannes Paul
II. 1939 begann er zu studieren – er wollte angeblich mal Schauspieler werden,
musste das Studium aber auf Grund des Krieges abbrechen und in den
Minen arbeiten. Als Russland Polen befreit hat und die Kommunisten einmarschierten, war
die freie Glaubensausübung nicht gewünscht. Es herrschte generelles Misstrauen,
sogar dem eigenen Bruder gegenüber. Karol Wojtyla, mittlerweile ein Geistlicher, ließ sich aber nicht beirren und predigte im
Freien, so lange bis ihm der Bau einer weiteren Kirche erlaubt wurde. Mit
seiner Art, seinem unbeirrten Glauben führte er die Krakauer wieder zusammen
und schuf eine Gemeinschaft, die es jahrelang nicht gab. 1989 erlangte Polen
seine Demokratie.
Der vorletzte aber höchste Stopp auf der
Tour war der Wawel. Der Wawel
ist die ehemalige Residenz der polnischen Könige in Krakau. Die Burganlage
liegt auf einem Hügel über der Weichsel. Zusammen mit der Krakauer Altstadt ist
sie Weltkulturerbe der UNESCO. Man bräuchte mindestens einen ganzen Tag um die
ganze Anlage von oben bis unten, von rechts nach links, anzusehen:
Königsschloss, Wawelkathedrale, Arkadenhof (dem Landhaushof in Graz ähnlich),
Kasernenbauten, Tore aus der Gotik, Renaissance und Romanik, Burgmauern usw.
Einen ganzen Tag hatten wir nicht, so hielten wir nur vor der Wawelkathedrale
etwas länger inne und ließen die Ruhe des Platzes auf uns wirken. Von Jakob
wissen wir, dass der Platz vor dem Siegmund-Glockenturm seit jeher eine
besondere Funktion für die Krakauer übernimmt. Dort versammeln sich die
Bewohner der Stadt, sobald ein Unheil das Land oder die Stadt überkommt. Wie
das z. B. im April 2010 der Fall war, als Polens Präsident Lech
Kaczynsk und seine Frau bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen.
Siegmund-Glockenturm |
Der tatsächlich letzte
Stopp unserer Stadtführung befand sich über der Drachenhöhle, die der Legende
nach ein Drache behaust hat, bis er von dem Ritter namens Krak – dem Namensgeber
der Stadt – durch List überwunden wurde.
Nach der Anstrengenden
Führung mussten wir unsere Tanks auffüllen und belohnten uns, so wie es sich
gehört, mit Buchweizen Rouladen und einem Gläschen Bier. Die Nachspeise holten
wir uns im Restaurant/Bar, des berühmten polnischen Schokoladenhersteller
Wedel:
Wedel |
Nach der Stärkung durfte
ein Besuch der Marienkirche (von innen) nicht fehlen. Man zahlt Eintritt und
falls man fotografieren möchte, muss man sich dafür auch ein Ticket kaufen.
Wenn jemand denkt: Ach was, die werden doch wohl nicht Leut haben, die drauf
schauen, der täuscht sich gewaltig. Hat man den gelben Fotosticker nicht
sichtbar an der Kleidung angebracht, beabsichtigt aber zu fotografieren, wird
man sofort danach gefragt. Ja, und so verließen wir die wunderschöne Kirche
ohne Fotos gemacht zu haben.
Am Abend folgten wir dem
(linken) grünen Pfad, der rechts und links an der Altstadt zur Weichsel entlang
führt, und kamen im Mittelalter an. Man darf nicht vergessen, es war der 21.
Juni. Der längste Tag im Jahr, der im Mittelalter – und so manchen Teilen der
Erde, wie z. B. Krakau und Schwarzenbach – unter dem Tag der Sonnenwende
bekannt war/ist und demnach gefeiert wurde/wird. Natürlich fällt die
Interpretation des Mittealters im 21. Jahrhundert etwas modernisierter aus,
aber man fühlte sich in der Tat in eine andere Zeit zurückversetzt.
Weil uns Jakobs Führung so
gut gefallen hat, begaben wir uns am nächsten in das jüdische Viertel Krakaus –
Kazimierz und warteten bei der alten Synagoge auf den
namenlosen, aber sehr sympathischen Führer, der mit einer großen Gruppe an Touristen vom ursprünglichen Treffpunkt auf uns zukam. Die Jewish Tour begann mit einer kleinen Einführung über die Juden in
Krakau. Wann sie nach Krakau kamen? Im 15. Jahrhundert. Wo sie sich
ansiedelten? Im Kazimierz. Warum dort? Weil dort keiner leben wollte. Was sie
dort machten? Sie übernahmen das Bankwesen. Was sonst! Warum? Naja, weil jeder
Geld liebte, aber es für schmutzig hielt. Wie auch immer, sie siedelten sich
dort an, bauten Häuser, Synagogen, gründeten Vereine (Kulturvereine,
Gebetsvereine usw.) und lebten friedlich miteinander. Vor dem Zweiten Weltkrieg
lebten in Krakau rund 68.000 Juden. Und dann kamen die Deutschen… Ca. zwei
Jahre durften die, die nicht von der Gestapo aus welchen Gründen auch immer vorher
schon verhaftet worden sind, in ihren Wohnungen bleiben. Dann wurden sie in die
allgemein bekannten Ghettos zwangsübersiedelt und ihre Wohnungen den Gefangenen
und Obdachlosen übergeben. Die Ghettomauer begann einige Meter von Kazimierz
entfernt, im Stadtteil Podgorze. Der
Stadtteil Kazimierz verfiel zu großen Teilen und lebte erst nach der Verfilmung
des Filmes Schindlers Liste etwas
auf. Und derzeit ist das Viertel belebter denn je. Studenten, Künstler,
Individualisten haben das Viertel zu einem Kultviertel verwandelt. Das ganze
Viertel beheimatet ungefähr 70 polnische Pubs, da ist für jeden Geschmack etwas
dabei: skurriles, modernes, altes, schickes… Das älteste Pub ist das Singer
Pub, das man an den vielen Singer Nähmaschinen erkennt. Sollte man daran
interessiert sein, kann man sich den Jungs und Mädls von freewalkingtour.com
beim pub crawling anschließen.
Und dort am Plac Nowy, dem Hauptplatz des Viertels, genau in der Mitte, bekommt man auch die besten Sandwiches im Land: überbackene Zapiekanka oder Endziora. Echt lecker!!! Unbedingt probieren, sollte man Krakau einen Besuch abstatten! :-)
(Interessantes am Rande: Eine ganz bekannte Frau wurde in Krakau, in Kazimierz geboren: Helena Rubinstein, die wahrscheinlich (fast) allen Frauen dieser Welt bekannt sein müsste. Im zarten Alter von 18 Jahren wanderte sie nach Australien aus, wo sie als Nanny arbeitete und nebenbei aus Polen importierte Cremen an Farmertöchter verkaufte. So waren auch die Idee des ersten Schönheitssalons in Australien und ihr Traum von eigener Kosmetikproduktion geboren. Im Alter von 94 Jahren starb sie in New York und vermachte ihren Erben ein gigantisches Kosmetikimperium (ein Unternehmen mit 100 Niederlassungen in 14 Ländern, einigen Schönheitssalons, vielen Kunstwerken usw.). Die Luxusmarke Helena Rubinstein gehört seit 1988 zu L‘Óreal, Paris.
Auch Max Factor, alias Maksymilian Faktorowicz, kommt aus Polen, aus Lodsz genauer gesagt.
Aber all das nur so nebenbei.)
Gut, aber jetzt verlassen wir das
jüdische Viertel und überqueren die Weichsel Richtung Stadtteil Podgorze, wo
das Ghetto für Juden errichtet wurde. Das Ghetto durfte zu keiner Tages- oder Nachtzeit
verlassen werden. Wer das Ghetto verließ, wurde kaltblutig und auf der Stelle
hingerichtet. Die Mauern des Ghettos wurden in Form von großen Grabsteinen
gebaut, die suggerieren sollten: Ihr kommt hier nicht mehr lebend heraus. (Für
Schindlers Liste- und allgemeine Filmkenner eine zusätzliche Info: Das Ghetto,
das im Film zu sehen ist, ist nicht das „originale“ Ghetto, da dieses in der
ursprüngliche Form nicht mehr besteht. Es sind nur noch wenige Überreste
vorhanden. Um den Film aber so getreu wie möglich zu drehen, entschied man sich
für die engen Straßen und Gassen des jüdischen Viertels, Kazimierz.). In den
Gebäuden der Ghettos lebten zuvor polnische Arbeiter, die sozusagen vertrieben
wurden, um das Judenghetto zu errichten.
Weiter ging es zum Mahnmal auf dem Platz
der Ghettohelden, wo man noch das Wächter Häuschen der Nazis sehen kann. Der
Platz ist allen Helden gewidmet, die während der deutschen Besetzung Polens ihr
Leben für ihre jüdischen Freunde, Nachbarn riskierten. Hervorzuheben sind hier
die Organisation Zegota, eine Untergrundorganisation (no na), die vielen Juden
mit falschen Papieren aus dem Ghetto verhalfen. Weiters sind noch die Apotheke,
die sich heute noch am Heldenplatz befindet und natürlich Oskar Schindler zu
erwähnen. Wobei ich hier unseren namenlosen Stadtführer zitieren möchte: „Geschichte
lernt man nicht aus Hollywood-Filmen.“ ;-) Denn: Oskar
Schindler hat vielen Juden „geholfen“, aber der Widerstand gegen das Regime war
nicht moralischer und ideologischer Natur, so wie es im Film dargestellt wird. Meiner
Meinung nach ist es aber egal, aus welcher Laune heraus er geholfen hat, er hat
geholfen. Er bewahrte 5.800 Menschen vor dem Tod.
Heldenplatz |
Schindlers Fabrik |
(Interessantes am Rande: Roman
Polanski, Filmregisseur mit polnischen Wurzeln, lebte und überlebte das
polnische Ghetto in Krakau.
Oskar Schindler arbeitete zunächst als
Spion für Deutschland, doch seine Tarnung flog auf und er wurde in Tschechien
zum Tode verurteilt. Nur Hitlers Überfall auf den Rest von Tschechien
verhinderte die Vollstreckung. In der Hoffnung vom Krieg wirtschaftlich
profitieren zu können, „übernimmt“ er kostenlos die stillstehende Emailwarenfabrik
in Krakau und beschäftigt zunächst polnische Arbeiter. Als sich die „Lage“ der Juden
verschlechterte, ergriff er die Chance und schlug zwei Fliegen mit einer
Klappe. Zum einen verschaffte er sich „günstige“ Arbeitskräfte, zum anderen ermöglichte
er vielen einen Ausweg. Es wurde noch so einiges „wahres“ preisgegeben, aber
ehrlich gesagt, möchte ich das hier nicht weiter ausführen. Herr Schindler hat,
egal wieso auch immer, Leben gerettet.)
Man kann die Fabrik auch gerne besuchen,
mit oder ohne Guide. Die Geschichte der Schindlers Liste wurde übrigens von
einem Überlebenden namens Leopold Gruss, der damals ein Kind war und im Film
die Rolle des kleinen jüdischen Jungen, der als Spion für die Deutschen
arbeitet, und seine Nachbarin und ihre kleine Tochter nicht verpfeift, spielt.
Er soll die Geschichte von Oskar Schindler und seinen Taten vielen erzählt
haben, aber nur einer hatte diese Erzählungen aufgezeichnet und in einem Buch
Schindlers Liste (im Original: Schindler’s
Ark) veröffentlicht: Thomas Keneally. Der Rest ist Geschichte…
Ja, meine Lieben! Und so begaben wir uns
langsam wieder zum Hostel zurück. Erfrischten uns und nahmen unser Gepäck und
setzten uns zum letzten Mal auf dieser Reise in den Zug. In einen
österreichischen Zug, der uns nach Wien (Westbahnhof) bringen sollte.
Vici holte uns ab und da waren wir.
Zum Auspacken hatten wir: 42
unvergessliche Tage, 3932 Fotos, ein paar Souvenirs, Erinnerungen aus 2 ½ Jahre
Singapur, 50 Schachteln. Mit dem Auspacken sind wir noch lange nicht fertig.
Weder mit dem Auspacken von Erinnerungen und schönen Momenten noch mit dem
Auspacken der 50 Schachteln, die bereits seit Wochen im Lager von Arnolds Firma
auf uns warten. Man kann leider nicht in Worte fassen, oder beschreiben, was
wir alles erlebt haben. Jeder macht da seine eigenen Erfahrungen und jedem geht
es ganz anders dabei. Für uns waren es die schönsten und aufregendsten Tage,
Monate ja, sogar Jahre in unserem Leben. Jetzt beginnt ein neuer
Lebensabschnitt, ein schöner – durchaus. Aber auf den Alten werden wir IMMER
mit ein wenig Wehmut zurückblicken.
Eure Lanzen