Tuesday, March 12, 2013

Die Philippinen muss man sich verdienen!


Die Verzweiflung steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Aber, sie sagen nichts. Sie lassen es über sich ergehen. Was sollen sie denn großartig sagen, machen können. Sie können nur vertrauen. Davon ausgehen, dass alles gut geht. 


Von wem die Rede ist? Von meinen Schwiegereltern… auf ihrem Weg in die Philippinen. Einem vielversprechenden Urlaub, den Arnold und ich für sie geplant haben, entgegen sehend. Was sie bekamen, war ein Abenteuer, das sie wahrscheinlich bzw. hoffentlich nie vergessen werden. Zumal es das Geburtstagsgeschenk „der Kinder“ war. Und es begann so, das Abenteuer. 


 Das Geburtstagsbillet 

6.20 Uhr in der Früh heben wir ab. Nach Plan.  Mama und ich mit Frühstück im Magen. Die Jungs hatten nur etwas Süßes… 10 Uhr. Wir sind immer noch in der Luft. Irgendwas stimmt nicht. Ich glaub, wir kreisen. „Arnold, kreisen wir?“ Aus den Lautsprechern hört man den Captain sagen: Boys and girls…due to the heavy rain…landing at Clark Airport (ca. 95 km Entfernung von Manila). Na toll! Mama und ich vertreiben uns die Zeit mit Uno spielen. Ich hab eine Glückssträhne… 13 Uhr: Wieder unser Captain: Boys and girls…we’ll take off shortly. 15 Uhr: Ich hab ein Déjá Vu. Ich stehe genau dort, wo ich im Februar vor zwei Jahren gestanden bin, als sie mich höflich zur Seite gebeten haben. 15.10 Uhr: Ähm, ist da jemand? Arnold sucht nach dem Personal der Autovermietung National. Keiner da? Wo ist denn die Telefonnummer? 16 Uhr: Wir sitzen in einem Honda so und so. Die Angestellten anderer Autovermietungen waren so nett und haben uns einen Mann organisiert, der uns wiederum mit einem Auto versorgt hat. Ich glaub, es ist sein Privatauto. Egal, er scheint vertrauenswürdig zu sein. Er hat sogar einen Vertrag dabei. 16:10: Wir fahren; zur Tankstelle. Papa übergibt mir den Sitzplatz in der ersten Reihe. Ist es Arnold’s Fahrstill, der ihn nach hinten treibt? Oder die Tatsache, dass man in den Philippinen kreuz und quer fährt, Augen überall haben muss und die Hupe als Blinker gesehen wird? Es regnet. 19 Uhr: Ankunft am Ziel. Wir werden zu unserer Hütte gebracht. Da da…ein Zimmer mit Stockbett, eins mit zwei Doppelbetten. Perfekt (Achtung: Sarkasmus)! Was will man mehr? Alle guten Dinge sind drei, nicht wahr?


Wundert man sich da noch über die verzweifelten Gesichter? Nein, wohl eher nicht. 


Wieso ich all das schreibe? Die Anreise war für uns anstrengend, aber für meine Schwiegereltern war es die Hölle, ein Kulturschock. Nicht dass wir das wollten. Nein, ganz im Gegenteil. Wir sind deshalb auf der Hauptinsel der Philippinen geblieben, damit wir keine weite Anreise haben. Damit wir nach Manila fliegen und nur kurz mit dem Auto fahren müssen. Das war der Plan. 


„Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein kluges Licht, und mach dann noch 'nen zweiten Plan, geh'n tun sie beide nicht.“
Bertolt Brecht (1898-1956), dt. Dramatiker u. Dichter


Wie auch immer. Am nächsten Tag sah wieder alles ganz, ganz anders aus. Papa, barfuß über‘n Strand spazierend, Mama die frische Brise einatmend, Arnold und ich mit dem Rauschen der Wellen erwachend. Ein neuer Tag hat begonnen… 


Die ersten zwei Tage unseres Philippinen-Abenteuers verbrachten wir im wunderschönen Stilts Calatagan Beach Resort, das ca. 140 km von Manila entfernt ist. Abgesehen vom kristallklaren Wasser, dem freundlichen Personal, der lachenden Sonne ist die Anlage mit besonderer Liebe zum Detail gespickt. Egal wo man hinsieht, gibt es was zu entdecken. Im Meer, die schwimmenden Hütten und die Unterwasserwelt; am Land, die vielen Sprüche, die überall zu finden sind und einen so richtig zur Entspannung bringen, die vielen unbekannten Pflanzen, am Weg des verlassenen Resort-Strandes… Wir lassen es uns gut gehen. 






 Der Künstler am Werk
 

Im völlig entspannten Zustand, entspannter geht es gar nicht, fahren wir wieder los. Diese Fahrt ist im Vergleich zur Ersten ein Honigschlecken. Klarer, blauer Himmel, weniger Verkehr, angenehm gefüllte Mägen. Es erwartet uns Tagaytay City, doch davor wird noch der erste und leider letzte Cache in den Philippinen gehoben. Tagaytay liegt ca. 55 km von Manila entfernt und ist – laut Arnolds Arbeitskollegen – ein beliebtes Tagesausflugsziel. Die Stadt liegt auf 634 m über dem Meeresspiegel und bietet damit eine herrliche Aussicht auf den naheliegenden See Taal und dessen gleichnamige Insel. Geschmaust wird im bekanntesten Restaurant der Gegend, das auch hier lobend hervorgehoben wird (im Trip Advisor wurde es auch positiv bewertet): Josephines. 





Morgen Stund hat Gold im Mund. Energiegeladen und voller Vorfreude fahren wir früh morgens die Serpentinen entlang, um im Tal des Taaler Sees ein Bötchen zur Taal Insel zu mieten, samt Kapitän, versteht sich. Leider ist es noch ein wenig bewölkt, aber unser Wettergott, Papa, sagt einen schönen, sonnigen Tag voraus. Bei der Überführung zur Insel werden wir auch gar nicht nass, überhaupt nicht. Wir sind zwar noch nicht die ersten Touristen auf der Insel, die den Krater des ehemaligen Vulkans besteigen wollen, aber mit Sicherheit die einzigen und die ersten des Tages, die das zu Fuß machen. Andere besteigen arme Pferde und lassen sich samt „Führer“ zum Gipfel bringen. (Stellt euch das bitte mal vor: zwei Menschen auf einem Pferd sitzend). Am Gipfel, der mit einem Ausblick auf einen kleineren See mit einer kleineren Insel überrascht, sind wir in einer guten Stunde (mit vielen Fotografier-Pausen). Den Cache oben finden wir leider nicht. Trotz Mamas und Papas Hilfe. Der Ausblick ist atemberaubend…vor allem dann, wenn schwache Schwefelschwaden in die Nasenlöcher dringen. 

Unser Transportmittel

 Die Faulen...

 ...die Braven!

Der See im See

Die Insel in der Insel





Der Vulkan Taal ist der zweit aktivste Vulkan in den Philippinen, der seit seinem ersten dokumentierten Ausbruch im Jahr 1572 33 nennenswerte Eruptionen hatte. Das letzte Mal ließ er 1977 von sich hören. 
 

Die Bootsfahrt zurück zum Auto war vielleicht ein Spaß! Ich, als das Schild der Mannschaft, bekam eine gratis Ganzkörperdusche verpasst. Wer weiß, vielleicht hat das Wasser was Heilendes… Bevor wir uns auf dem Weg zu unserer allerletzten Station unserer Reise machten, jausneten wir gemütlich im Pavillon, mit Blick aufs Wasser. Da durften passende Hintergrundgeräusche natürlich nicht fehlen. Und zwar die, der Hahnenkämpfe, die für die Einheimischen ganz zum Alltag gehören. 


Die Fahrt zur Villa Escudero erweist sich wieder als eine kleine Nervenprobe. Zwar nicht so wie am ersten Tag, aber das Ziel kam und kam nicht näher. Das tiefe Ein- und Ausatmen des Schwiegervaters war wieder deutlich zu hören. Links und rechts fahren sie mit Autos, Lastwägen, Tuk-Tus, Rädern und natürlich Jeepneys. Wo ist die malerische Kulisse der Dörfer vom Vortag? Kleinstadt an Kleinstadt und keine Ende in Sicht. Und doch sind wir am frühen Abend am Ziel angekommen. Weg vom Trubel. Hinein in die unzähligen Kokospalmen. Das Auto wird außerhalb der Anlage geparkt. Gott sei Dank. Willkommen im kleinen Paradies. 

  Are you kidding me? Shoud I really call that hotline???


Villa Escudero ist im Privatbesitz der Familie Escudero der zweiten bzw. dritten Generation und ist eine landwirtschaftliche Vereinigung von 75 Familien, die auf 40 ha Grundbesitz leben und arbeiten. Die Familien, die sich der Vereinigung angeschlossen haben, bekamen 300 m²  Grund zugesprochen, auf dem sie ihr Eigenheim errichten konnten. Die Gemeinschaft lebt nach strengen Regeln – unter anderem ist Alkoholkonsum strengstens verboten. Nur zu besonderen Anlässen, wie runde Geburtstage, Hochzeiten oder Jubiläen, ist Alkohol erlaubt. Um die Arbeit bewältigen zu können, werden auch andere, der Gemeinschaft nicht Zugehörige, angestellt. Insgesamt sind es 450 Mitarbeiter, die sich um die Kokospalmen und das Wohlergehen der Gäste kümmern. Somit ist es nicht verwunderlich, dass ihre Haupteinnahmequellen die Einnahmen aus den Kokosplantagen sowie die aus dem Tourismus sind.  Nachdem wir uns abwechselnd auf der Liegematte entspannt hatten, mit dem Bambusfloss gefahren sind, am Wasserfall unser Mittagessen eingenommen haben und schließlich vom Ochsen gezogen wurden, verabschiedeten wir uns von unserem Abenteuer auf den Philippinen und kehrten in unser bequemes Singapur zurück. 

 Angenehme Überraschung vor der Haustüre...



 




Trotz all der Strapazen, hoffen wir, dass es Mama und Papa gefallen hat. Wir für unseren Teil würden es immer wieder tun… 


Jetzt heißt es für uns, noch das letzte Stück Singapur zu genießen…viel Zeit bleibt uns schließlich nicht mehr. Gesagt, getan. Schon letztes Wochenende. Wir haben ein Zimmer im Osten gebucht – bitte erklärt uns nicht für verrückt - und eine 55 km lange Fahrradtour gemacht: Bedok Reservoir, in dem ein Stück europäischer Geschichte beheimatet ist, eine Runde um den Flughafen, Changi Beach Park, Pulau Ubin, Pasir Ris Park, Tampines Park usw. Das kommende Wochenende zieht es uns zum Green Corridor – der aufgelassenen Zugstrecke von Singapur nach Malaysia. 


Und noch viele weitere Dinge stehen noch auf unserer To-do-Liste…:-)

Friday, March 1, 2013

Wenn es am Schönsten ist...


Ich lausche dem Regen, der seit Tagen und Wochen mindestens einmal täglich hartnäckig vom Himmel fällt, sowie den Löwentanz-Lauten von unten und beginne erneut melancholisch zu werden. Mittlerweile ist es das dritte chinesische Neujahrfest, dem wir „vor Ort“ beiwohnen durften…leider auch das Letzte. 

 Lion Dance

 Lion dance im Kindergarten


Vielleicht ist es gerade das, was uns unsere verbliebene Zeit hier so versüßt.  Weil wir wissen, es sind die letzten Spaziergänge, Erkundungstouren, Ausgänge in/durch Singapur. Alles ist so aufregend und schön…fast so, wie damals als wir in Singapur angekommen sind. Nur, dass wir jetzt an Erfahrung und Wissen reicher sind und es ganz anders wahrnehmen. 


Das Essen zum Beispiel. Ich kann mich noch ganz genau an die Zeit erinnern, als ich im Food Court mit Tränen in den Augen gestanden bin. Warum? Weil ich a) Vorurteile hatte (wie die meisten, die zu Besuch her kommen), b) die Gerüche sehr intensiv wahrnahm (die teilweise sehr stark waren), c) die vielen Leute um mich herum mir Angst einjagten und d) ich bei der großen Auswahl nicht wusste, was ich essen sollte. Ich kann mich erinnern meistens Reis mit Gemüse oder Reis mit Henderl gegessen zu haben. Manchmal war es auch nur Obst. Im Laufe der Zeit und mit Hilfe von neu gewonnen Freunden und Arbeitskollegen streifte ich die Vorurteile ab und tauchte in die Welt der asiatischen Küche ein. Ich versuchte alles, sogar Dinge, die ich vor drei Jahren nie und nimmer in den Mund gesteckt hätte: Fisch jeglicher Art, Garnelen, Muscheln, Krabbenfleisch, verschiedenste Soßen (leichte/starke Sojasauce, Austernsauce)… Sogar Ente und Wachtel hab ich probiert. Meine Geschmacksnerven erreichten neue Höhen. Ich profitierte in jeglicher Sicht…nicht nur im Bezug auf das Essen. Vorurteilfrei zu sein, eröffnet einem so viele Türen. 


 





Es kam, wie es kommen musste. 
Singapur ist nun zu einer Herzensangelegenheit für mich geworden. Und ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr es mich bedrückt es bald verlassen zu müssen.

So...jetzt geh ich weinen! ;-)