Friday, January 18, 2013

Zwei Jahre und immer noch nicht fertig



Im Gegensatz zum ersten Jahr in Singapur, wo wir den Jahrestag regelrecht zelebriert haben, verstrich der zweite eher unspektakulär – mit nahender Grippe. 

Die Woche wurde mit Rückenschmerzen eingeleitet, nachdem wir am Sonntag entlang von Keppel Bay spaziert sind und ein paar Geocaches gehoben haben. Mittagessen mit schweißgetränkten Klamotten im klimatisierten Foodcourt und die Heimfahrt in der Kühlschrank-MRT hinterließen entsprechende Spuren. Ich hab mich erkältet. Die zurückgekehrten Urlauber aus Europa mit ihren laufenden Nasen und Hustenanfällen im Büro waren meiner Gesundheit scheinbar auch nicht gerade zuträglich. Mittwochnachmittag, nach der Videokonferenz mit Graz musste ich mich dann der steigenden Körpertemperatur geschlagen geben – 38,8° Fieber – ab ins Bett!
Die letzten paar Tage habe ich mich dementsprechend vom Bett zur Couch und wieder ins Bett geschleppt. Zu allem Überdruss mussten wir den geplanten Ausflug nach Batam zum Mountainbiken gemeinsam mit den LÖWIS auch noch absagen. Gesundheit geht eben vor.
Zumindest haben wir jetzt ein Visum für Evelin bis zum 15.4. – ein Wochenend-Ausflug wird sich schon mal ausgehen. 




Aber trotzdem, das zweite Jahr ist vorbei. Vor zwei Jahren haben wir uns auf ein Abenteuer eingelassen, das nun eigentlich schon vorbei sein sollte. Noch ist es nicht ganz so weit. Nicht ganz. Etwas mehr als drei Monate haben wir noch um Singapur und Südostasien zu genießen. Und natürlich dann noch weitere sechs Wochen im Rahmen unserer Zugreise zurück nach Graz. Irgendwie ist das jetzt doch viel zu schnell gegangen. Immerhin wollen wir noch so viel sehen, es kommen noch so viele Besucher in den nächsten Wochen und dann muss noch so viel organisiert werden. Pfff, ob sich das alles ausgeht?

Ihr wisst ja ohnehin, was im letzten Jahr so passiert ist – vermutlich genauso gut wie wir selbst. Immerhin schau ich selber unsere Blogeinträge an, wenn ich eine Gedächtnisstütze brauche. Evelin hat das schon super gemacht, oder?

Neil Humphreys hat ein Buch über Singapur geschrieben, nachdem er von 2006 bis 2011 in Australien gelebt hat und wieder nach Singapur zurückgekehrt ist. Return to a Sexy Island. In den 10 Jahren vor 2006 war Singapur eine Großstadt mit sehr Asiatischen Werten. Geld, Status, Macht. Alles andere ist nicht so entscheidend. Aber die Regierung in Singapur hat erkannt, dass jene hochqualifizierten Menschen, die Singapur als ihre Einwohner sehen will mehr wollen als nur gutes Geld zu verdienen. Es muss das Leben auch Spaß machen. Und hier hat Singapur mittlerweile sehr viel zu bieten. So viel, dass wir selbst als Bewohner dieser kleinen, aber ständig wachsenden Insel, nicht nach kommen alles zu bewundern und zu bestaunen. So gesehen ist es schon toll, dass noch viele Besucher kommen, mit denen auch wir wieder andere Teile dieser Stadt erkunden und entdecken dürfen.

Natürlich freuen wir uns schon auf die Rückkehr nach Österreich, auf die Suche einer Wohnung, aufs Einrichten, auf die Freunde daheim und die ganze Familie. Aber! Ich hab jetzt schon Angst davor, dass ich dann in Österreich bin und bei jedem denkbaren Anlass einen Vergleich mit Singapur ziehe. 


  • wie schön unsere Wohnung hier war
  • wie toll doch der Swimmingpool war (den wir ohnehin nur in den ersten 3 Monaten wirklich genutzt haben)
  • wie effizient die öffentlichen Einrichtungen und Ämter arbeiten
  • wie diszipliniert sich die Menschen anstellen
  • wie bequem und pünktlich der öffentliche Verkehr war
  • wie angenehm es war zu jeder Zeit, an jedem Tag im Supermarkt seine Einkäufe erledigen zu können
  • wie coole, innovative und geniale Lokale es gegeben hat
  • wie mühelos der Weg in die Arbeit mit dem Shuttlebus war
  • wie schön es war um 17:30 jeden Tag daheim zu sein
  • wie gut und günstig die Asiatische Küche in den Foodcourts war
  • wie nahe man es zu den wundervollen Stränden Malaysiens, Thailands und der Philippinen hatte

Und ich werde vermutlich über kurz oder lang den meisten von euch ziemlich auf den Zeiger gehen damit. Warum sind wir dann nicht dort geblieben, werdet ihr euch fragen! Weil man sich tendenziell nur an die positiven Seiten erinnert – und das ist auch besser so, denke ich.

Trotzdem, vermutlich wird unser Leben nie wieder so gemütlich sein wie in Singapur! Ich sage hier bewusst „gemütlich“. Das heißt nicht, dass es nie wieder so schön sein wird wie hier. Es ist nicht alles super und schon gar nicht perfekt:


  • unsere Wohnung ist ständig verstaubt vom Dreck in der Luft und laut vom Lärm der Busse
  • wir haben keine Thermen mit tollen Saunalandschaften in die man sich am Wochenende schnell mal schmeißen kann
  • man ist in Singapur nur eine Nummer – Ohne Steuernummer existiert man nicht und kann keine Vertäge abschließen
  • ohne Regeln gäbe es nur Chaos – wo ist der gesunde Hausverstand?
  • zur Stoßzeit sind alle Busse überfüllt, die MRT ist vollgepackt und für ein Taxi hängt man bis zu einer Stunde in der Warteschleife
  • die Shoppingcenter und Supermärkte sind voller Menschen. Für jede Kleinigkeit stellt man sich 10-15min an der Kassa an
  • das Personal in der Gastronomie ist nicht ausgebildet und das Service ist teilweise nicht existent
  • der Shuttlebus für Kindergartenkinder hat auch entsprechend winzige Sitze und Abstände. Meine Ohren habe ich zwischen den Knien und der Kopf berührt den Himmel – obwohl ich ihn geneigt halte
  • auch am Freitag muss bis 17:00 gearbeitet werden – Gleitzeit? Was ist das?
  • jene Restaurants, wo es gutes Service und schönes Ambiente gibt verlangen Phantasiepreise für ihre Gerichte
  • für jeden Ausflug muss man rechtzeitig einen Flug buchen oder zumindest die Grenze nach Malaysien überqueren um dem Großstadttrubel zu entfliehen


Aber all das sind die Erlebnisse und Erinnerungen, die man tendenziell vergisst. Und das ist gut so.

Es ist schön in Singapur.