Sunday, July 28, 2013

Auf und ab am Königsweg



Ja, bald sind wir am Ziel angelangt. Zwei Stopps liegen noch vor uns bevor wir Wien erreichen: Warschau und Krakau. In Warschau fahren wir, begleitet von Sonnenschein und blauen Himmel, um 8.40 Uhr ein. Es war eine kurze Nacht, da wir von polnischen und weißrussischen Zollbeamten aus unseren bequemen Zugbetten herausgeklopft wurden. Dementsprechend müde waren wir. Aber wer vergeudet denn seine Zeit mit Schlafen? Nach einem kurzen Orientierungsversuch im Inneren des Bahnhofsgebäudes – das übrigens einem Österreichischen sehr, sehr ähnelt – entschieden wir uns, es draußen zu versuchen.

Irgendwas mussten wir doch erkennen, schließlich waren wir ja schon mal in Warschau (im tiefsten Winter des Jahres 2008). Kaum herausgekommen, erkannten wir auch etwas: den Kultur- und Wissenschaftspalast in seiner vollen Pracht. Nur, irgendwie erinnert mich das Gebäude an was – abgesehen davon, dass wir das Gebäude schon 2008 gesehen haben. An was denn nur? Es sieht doch den Sieben Schwestern, die in Moskau zu finden sind, ähnlich, oder etwa nicht? 



Wir nutzen das Service, das wir bisher in fast keiner Stadt in der Form, wie wir es gewohnt sind, gefunden haben:  Eine englischsprachige mit Stadtplänen und kleinen Stadtführern gut ausgestattete Touristeninfo. Und schon stecke ich sechs, sieben Prospekte, die einladende Namen wie „Warsaw for Weekend“, „Warschau für Wissbegierige“, „Warschau Königsweg“, „Warschau fürs Wochenende“ (zur Sicherheit auf Deutsch) und „Warschau Altstadt, Neustadt“ hatten, ein  und erfrage mir das beste Frühstückslokal in der unmittelbaren Nähe. Und schon geht es los. Gestärkt suchten wir unsere Unterkunft auf, ein kleines Zimmerchen sehr zentral gelegen (http://www.booking.com/hotel/pl/the-storys-apartment-hoza-59.en.html). Ratet mal was wir als Erstes gemacht haben? Richtig, wir haben gecacht. Nur wenige Schritte von der Unterkunft entfernt, gab es schon drei Caches. Wir konnten nicht anders. Nach einem sehr guten polnischen Mittagessen ging es in die Altstadt. Am Weg fanden wir zufällig ein, zwei Caches. 




Einer der ersten Caches führte uns zum Fotoplastikon. Es ist das älteste an seinem Originalplatz bestehende Kaiserpanorama der Welt  und anschließend ging es gleich nochmal zum Kultur- und Wissenschaftspalast. Eines der Stadtführer lieferte uns dann auch die Antwort auf die Frage, die sich uns beim 1. Anblick des Gebäudes aufgedrängt hat.  Das Gebäude, das höchste in  Warschau, ist ein Geschenk von Stalin, eine Gabe der sowjetischen Nation für die Polnische. Jetzt ist alles klar, nicht wahr? 

Weiter ging es zum Platz der drei Kreuze und vorbei an den unzähligen Boutiquen und Cafés. Eine kurze Pause legten wir beim Fryderyk-Chopin Museum ein und setzten uns auf eines der Multimedia Bänke, die Melodien des berühmten Komponisten von sich geben.



Durch die Querstraßen schlendernd kamen wir dann endlich zum berühmten Königsweg. Plötzlich gab es im Reiseführer zu jedem zweiten Gebäude etwas nachzulesen. Zum Nikolaus-Kopernikus-Denkmal, einem der bekanntesten Astronomen der ganzen Welt. In einem polnischen Sprichwort heißt es, er hätte „die Sonne angehalten und die Welt in Bewegung gesetzt“.  
 
Königsweg
Kopernikus Denkmal
 Zur Heilig-Kreuz Basilika, in der in den Pfeilern der Kirche die Urnen von Chopin und dem Nobelpreisträger Reymont eingemauert sind. Zur Warschauer Universität, der ältesten in Warschau und heute bedeutendsten polnischen Hochschule. Zum Pilsudski Platz, an dem sich das Grab des Unbekannten Soldaten und das Kreuz zum Gedenken an den Besuch des seligen Johannes Paul II befinden. Usw. 

Grab des Unbekanntes Soldaten
Ogrod Saski - Sächsischer Garten; 1727 als erster Park in Warschau für die Öffentlichkeit geöffnet
Und auf einmal standen wir beim Königsschloss und der Sigmundsäule. Das Schloss wurde im zweiten Weltkrieg vollständig zerstört und später wieder aufgebaut. Heute ist es ein Museum, das Werke von Rembrandt und Bellotto beheimatet.   

Königsschloss, Sigmundsäule
Wir sind bereits einige Stunden gegangen, haben einige Kilometer hinter uns gelassen. Trotzdem wir können jetzt nicht aufhören, oder? Die Warschauer Altstadt ist doch DIE Sehenswürdigkeit in Warschau. Etwas besonderes, wie die Einheimischen sagen! Im zweiten Weltkrieg zu fast 90 % zerstört, wurde sie so schön wieder aufgebaut, dass UNESCO nicht anders konnte sie in die Welterbeliste aufzunehmen. Es ist als ob uns die Altstadt mit all den zu bestaunenden Gebäuden und der besonderen Atmosphäre magisch anziehen würde. Wir geben nach und schreiten durch das seitlich neben der Kathedrale stehende Tor zum Platz der Kanoniker. In der Mitte des von Touristen wenig besuchten, dreieckigen Platzes steht eine mächtige Erzglocke, die nie in einer Kirche gehangen hat. Es heißt, dreimal um sie herumzugehen bringe Glück…und mache schwindelig. :-D 

  
Schmalste Hause in Warschau
Außerdem befindet sich am Kanonia-Platz das schmalste Haus in Warschau. Zum Platz hin ist es gerade so breit wie ein Fenster, zur Weichsel hin schon wesentlich breiter (heutzutage nennt man diesen Trick „Steuerhinterziehung). Von dort aus zieht es uns natürlich auf die andere Seite, um das Haus von der Weichsel Seite zu betrachten und natürlich, um die Weichsel in ihrer vollen Pracht zu bewundern. Und wir stellen fest, dass genauer dieser Platz einst, im 18. Jh., eine Müllhalde war. Gut das davon weder was zu sehen noch was zu riechen ist.


Hinten herum, den Touristenmengen entfliehend, schlendern wir auf die Steintreppe zu, die angeblich auch von charismatischen Napoleon begangen wurde. Und schon haben wir die Grenze zur Neustadt passiert. Links von uns sehen wir die Festungsmauern, rechts von uns erstreckt sich der Hit des Sommers: der multimediale Springbrunnenpark, wo 367 Düsen gleichzeitig ganze 30.000 Liter Wasser pro Minute spucken. Zudem werden die Wasserstrahlen von 300 Reflektoren bunt beleuchtet und zu bestimmten Zeiten gibt es noch als Bonus Laseranimationen. Diese bestimmten Zeiten sind Mai bis September an allen Frei- und Samstagen. Kinder spielen mit und um die Strahlen, Eltern genießen ein paar kinderlose Minuten  auf der Bank. Wir klettern die Treppen hinauf zu einer der ältesten Kirchen in Warschau: Kirche Mariä Heimsuchung. Neben der Kirche findet man eine Aussichtsterrasse, von der man dem bunten Treiben am Springbrunnpark  zusehen kann.

Mariä Heimsuchung

St. Kasimir Kirche
Fast gleich neben an steht die St. Kasimir Kirche, die während des Warschauer Aufstandes 1944 als Krankenhaus und Unterschlupf diente. Nur wenige Meter entfernt, befindet sich das einstige Zentrum der Neustadt: der Neustadtmarkt. Die Neustadt war vom 14. bis zum 18. Jh. eine selbstständige Stadt, mit eigener Verwaltung, eigener Kirche, eigenem Rathaus. Aus der damaligen Zeit blieb nur ein Brunnen aus dem 19. Jh.  stehen, der von einer Jungfrau mit Einhorn als Wappen geschmückt ist. Von dort brachten uns unsere Beine zu einem besonderen Ort, nämlich zum Geburtshaus der berühmten Wissenschaftlerin Maria Sklodowska-Curie. Im Haus ist das weltweit einzige biografische Museum untergebracht, das so manches Schmuckstück in sich birgt (z. B. die Ledertasche, in der die Vereinigung der polnischen Frauen von Amerika ihr das Geld für die Eröffnung eines Radiuminstituts in Polen übergab). 
 
Marie Curie Geburtshaus
Paulinerkirche rechts im Bild

Auf dem Weg in die Altstadt spazieren wir dann noch an der Paulinerkirche vorbei, an der das kleinste Gebäude von Warschau angrenzt. Und schon sind wir an den Festungsmauern, deren Tore in die Altstadt Einlass gewähren. 



Wir schlendern am Historischen Museum der Hauptstadt und dem Adam-Mickiewicz-Literaturmuseum vorbei, aber stehen bleiben tun wir nicht. Irgendwie zieht es uns weiter  in die Mitte, ins Zentrum, zum Altstadtmarkt und zum Denkmal - der Warschauer Meerjungfrau. Der Altstadtmarkt hält was er verspricht: seine Ecken und Fassaden sind die malerischsten der Stadt. Interessant ist, dass sich seine Gestalt seit der Stadtgründung, Wende 13. zum 14. Jh., nicht verändert hat. Einst wurden hier Feste und Jahrmärkte veranstaltet, aber auch Hinrichtungen vollstreckt. Gut, dass sich DAS aber verändert hat. Jetzt ist er lebhaft, fröhlich, verführerisch. In der Mitte des Platzes ragt elegant eine Meerjungfrau empor, die seit Jahrhunderten das Wappen von Warschau ist. Was hat es mit diesen Meerjungfrauen in Warschau auf sich? Es gibt ja noch eine direkt an der Weichsel, nicht weit vom Kopernikus Wissenschaftszentrum. Da muss doch bestimmt eine Legende dahinter stecken! Die Kurzversion der Legende lautet: Die Meerjungfrau wurde von einem Fischerjungen und seinen Freunden gerettet und als Dankbarkeit versprach sie, auch sie wird sie beschützen. Seiher verteidigt die Meerjungfrau an zwei Stellen Warschaus, mit Schwert und Schild bewaffnet, die Einwohner der Stadt. 

Warschauer Meerjungfrau am Altstadtmarkt


Nun, wir haben bisher viel gesehen, viel gestaunt und sind vor allem viel gegangen. Wir haben uns eine Pause verdient und suchen den Königsweg entlang ein passendes Lokal. Das keineswegs verebbende Treiben der Stadt beobachten wir von unserem Tisch im Restaurant Skwer aus und beschließen kurzerhand uns auch noch durch die Stadt treiben zu lassen.


So kommt es, dass wir ungeplant noch zur Warschauer Universitätsbibliothek, zum Kopernikus-Wissenschaftszentrum und Planetarium, entlang der Weichsel, nochmal zum Fryderyk-Chopin-Museum und zurück zum Kulturpalast spazieren, bevor wir ziemlich erschöpft ins Bett fallen. Ja, es war ein ereignisreicher Tag. Auf den Nächsten! 

Universitätsbibliothek
Arnold versucht einen Cache zu finden
Kopernikuszentrum bei Abenddämmerung
Der nächste Tag wurde mürrisch begonnen. Die Füße, die Füße taten sooo weh. Aber wieso nur? Wir sind doch schon längere Strecken am Stück gegangen. Lasst euch eines sagen. Das Schuhwerk, das Schuhwerk ist das um und auf für solche ausgedehnten Stadtspaziergänge, wie wir sie gestern gemacht haben. Es hilft aber nix. Blauer Himmel, gedämpfte, fröhliche Stimmen, schnelle Schritte, Denkmäler, sattgrüne Parkanlagen rufen uns noch zur letzten Erkundungstour auf. Kommt und schaut uns an, riefen sie. Viel Zeit ist nicht mehr,  am Nachmittag sitzt ihr schon im Zug nach Krakau.

Und so packen wir unsere Rucksäcke zusammen, hieven sie auf  unsere Rücken und marschieren entschlossen zum Bahnhof, wo wir Tickets kaufen und unser Gepäck verstauen. Gefrühstückt wird im Bank- und Finanzviertel „Nowy Swiat“ in einem der angesagtesten Lokale der Stadt: 6/12 (http://www.612.pl/). 

Und dann hieß es, eine Bim, eine Bim-Haltestelle und eine Trafik oder einen Automaten zu finden. In anderer Reihenfolge natürlich. Wir können die Stadt doch nicht verlassen ohne auf (anderen) Schienen zu fahren. Unsere Ziele sind Sapieha-Palais, Denkmal des Warschauer Aufstandes und das Oberste Gericht. Am Palis, das mal Kaserne, dann Militärkrankenhaus war und jetzt Schul- und Erziehungszentrum für hörgeschädigte Kinder ist, interessierten mich vordergründig die Engel-Pferdchen, vor allem das Grüne davon.

Sapieha Palais
Das Denkmal erinnert an die Helden des Warschauer Aufstandes von 1944, die im ungleichen, 63-tägigen Kampf gegen die Besatzer für ihr Vaterland ihr Leben gaben. Das Denkmal besteht aus zwei Teilen. Der erste zeigt Aufständische, wie sie unter einem Brückenpfeiler hervorkommen, der zweite, wie sie in die Kanäle verschwinden. 



Das Oberste Gericht wirkt einfach. Karyatiden, welche die Tugenden symbolisieren (Glauben, Hoffnung und Liebe) sowie Säulen mit Sprüchen des römischen Rechts. An dieser Stelle befand sich während des Zweiten Weltkrieges eines der Tore zum jüdischen Ghetto. 

Drei Sachen fehlten uns noch, bevor wir uns im schönsten Park Warschaus in der Sonne aalen konnten. Das Denkmal von Jan Kilinski, einem Schuster, der die Bevölkerung während des Kosciuszko-Aufstands anführte und das Denkmal des Kleinen Aufständischen, das an die heldenhaften Kinder erinnert, die während des Warschauer Aufstandes gegen die Besatzer kämpften und die UNESCO Tafel, die bezeugt, dass die Altstadt Weltkulturerbe ist.
Denkmal des Kleinen Aufständischen
In der Parkanlage Lazienki Krolweskie per U-Bahn angekommen, legten wir uns mit Ausblick auf das Belvedere von hinten gleich mal in die Wiese und ließen die Ruhe um uns herum auf uns wirken. Kein Mensch weit und breit. Wieso eigentlich?  Kurze Zeit später war uns alles klar. Es ist verboten in dem Teil des Parks in der Wiese herumzuliegen! Hauptsache wir taten es und es tat gut. 



Erholt schlenderten wir durch das Labyrinth an Wegen und Wiesen zu einem netten, schattigen Gastgarten und genehmigten uns ein durstlöschendes Getränk. Ja, heute sind wir mehr oder weniger gemütlich unterwegs. Aber eine Sache wäre da noch. Wir können Warschau nicht verlassen ohne das Denkmal von Chopin zu besuchen. Im tiefsten Winter 2008 sah das Denkmal nämlich ganz anders aus. 


Zufrieden mit der Ausbeute des Tages erlaubten wir es uns zu „Fuß“ zum Bahnhof zurückzugehen. Wir machten einen kleinen Umweg über das Regierungsviertel, auf der Suche nach dem Restaurant Havelka. Leider vergebens. So stärkten wir uns im Zapiciek (http://www.zapiecek.eu/), einer polnischen Restaurantkette, die polnische Köstlichkeiten wie z. B. Pierogi auftischen. 


Bitte einsteigen! Next stop: Krakow! 




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