Die Verzweiflung steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Aber, sie sagen nichts. Sie lassen es über sich ergehen. Was sollen sie denn großartig sagen, machen können. Sie können nur vertrauen. Davon ausgehen, dass alles gut geht.
Von wem die Rede ist? Von meinen Schwiegereltern… auf ihrem
Weg in die Philippinen. Einem vielversprechenden Urlaub, den Arnold und ich für
sie geplant haben, entgegen sehend. Was sie bekamen, war ein Abenteuer, das sie
wahrscheinlich bzw. hoffentlich nie vergessen werden. Zumal es das Geburtstagsgeschenk
„der Kinder“ war. Und es begann so, das Abenteuer.
Das Geburtstagsbillet
6.20 Uhr in der Früh heben wir ab. Nach Plan. Mama und ich mit Frühstück im Magen. Die
Jungs hatten nur etwas Süßes… 10 Uhr. Wir sind immer noch in der Luft.
Irgendwas stimmt nicht. Ich glaub, wir kreisen. „Arnold, kreisen wir?“ Aus den
Lautsprechern hört man den Captain sagen: Boys
and girls…due to the heavy rain…landing at Clark Airport (ca. 95 km
Entfernung von Manila). Na toll! Mama und ich vertreiben uns die Zeit mit Uno
spielen. Ich hab eine Glückssträhne… 13 Uhr: Wieder unser Captain: Boys and girls…we’ll take off shortly.
15 Uhr: Ich hab ein Déjá Vu. Ich stehe genau dort, wo ich im Februar vor zwei
Jahren gestanden bin, als sie mich höflich zur Seite gebeten haben. 15.10 Uhr:
Ähm, ist da jemand? Arnold sucht nach dem Personal der Autovermietung National.
Keiner da? Wo ist denn die Telefonnummer? 16 Uhr: Wir sitzen in einem Honda so
und so. Die Angestellten anderer Autovermietungen waren so nett und haben uns
einen Mann organisiert, der uns wiederum mit einem Auto versorgt hat. Ich
glaub, es ist sein Privatauto. Egal, er scheint vertrauenswürdig zu sein. Er
hat sogar einen Vertrag dabei. 16:10: Wir fahren; zur Tankstelle. Papa übergibt
mir den Sitzplatz in der ersten Reihe. Ist es Arnold’s Fahrstill, der ihn nach
hinten treibt? Oder die Tatsache, dass man in den Philippinen kreuz und quer
fährt, Augen überall haben muss und die Hupe als Blinker gesehen wird? Es
regnet. 19 Uhr: Ankunft am Ziel. Wir werden zu unserer Hütte gebracht. Da
da…ein Zimmer mit Stockbett, eins mit zwei Doppelbetten. Perfekt (Achtung:
Sarkasmus)! Was will man mehr? Alle guten Dinge sind drei, nicht wahr?
Wundert man sich da noch über die verzweifelten Gesichter?
Nein, wohl eher nicht.
Wieso ich all das schreibe? Die Anreise war für uns
anstrengend, aber für meine Schwiegereltern war es die Hölle, ein Kulturschock.
Nicht dass wir das wollten. Nein, ganz im Gegenteil. Wir sind deshalb auf der
Hauptinsel der Philippinen geblieben, damit wir keine weite Anreise haben.
Damit wir nach Manila fliegen und nur kurz mit dem Auto fahren müssen. Das war
der Plan.
„Ja, mach nur einen
Plan, sei nur ein kluges Licht, und mach dann noch 'nen zweiten Plan, geh'n tun
sie beide nicht.“
Bertolt Brecht (1898-1956), dt. Dramatiker u. Dichter
Bertolt Brecht (1898-1956), dt. Dramatiker u. Dichter
Wie auch immer. Am nächsten Tag sah wieder alles ganz, ganz
anders aus. Papa, barfuß über‘n Strand spazierend, Mama die frische Brise
einatmend, Arnold und ich mit dem Rauschen der Wellen erwachend. Ein neuer Tag
hat begonnen…
Die ersten zwei Tage unseres Philippinen-Abenteuers
verbrachten wir im wunderschönen Stilts
Calatagan Beach Resort, das ca. 140 km von Manila entfernt ist. Abgesehen
vom kristallklaren Wasser, dem freundlichen Personal, der lachenden Sonne ist
die Anlage mit besonderer Liebe zum Detail gespickt. Egal wo man hinsieht, gibt
es was zu entdecken. Im Meer, die schwimmenden Hütten und die Unterwasserwelt;
am Land, die vielen Sprüche, die überall zu finden sind und einen so richtig
zur Entspannung bringen, die vielen unbekannten Pflanzen, am Weg des
verlassenen Resort-Strandes… Wir lassen es uns gut gehen.
Der Künstler am Werk
Im völlig entspannten Zustand, entspannter geht es gar
nicht, fahren wir wieder los. Diese Fahrt ist im Vergleich zur Ersten ein
Honigschlecken. Klarer, blauer Himmel, weniger Verkehr, angenehm gefüllte
Mägen. Es erwartet uns Tagaytay City, doch davor wird noch der erste und leider
letzte Cache in den Philippinen gehoben. Tagaytay liegt ca. 55 km von Manila
entfernt und ist – laut Arnolds Arbeitskollegen – ein beliebtes
Tagesausflugsziel. Die Stadt liegt auf 634 m über dem Meeresspiegel und bietet
damit eine herrliche Aussicht auf den naheliegenden See Taal und dessen
gleichnamige Insel. Geschmaust wird im bekanntesten Restaurant der Gegend, das
auch hier lobend hervorgehoben wird (im Trip Advisor wurde es auch positiv
bewertet): Josephines.
Morgen Stund hat Gold
im Mund. Energiegeladen und voller Vorfreude fahren wir früh morgens die
Serpentinen entlang, um im Tal des Taaler Sees ein Bötchen zur Taal Insel zu
mieten, samt Kapitän, versteht sich. Leider ist es noch ein wenig bewölkt, aber
unser Wettergott, Papa, sagt einen schönen, sonnigen Tag voraus. Bei der
Überführung zur Insel werden wir auch gar nicht nass, überhaupt nicht. Wir sind
zwar noch nicht die ersten Touristen auf der Insel, die den Krater des
ehemaligen Vulkans besteigen wollen, aber mit Sicherheit die einzigen und die
ersten des Tages, die das zu Fuß machen. Andere besteigen arme Pferde und
lassen sich samt „Führer“ zum Gipfel bringen. (Stellt euch das bitte mal vor:
zwei Menschen auf einem Pferd sitzend). Am Gipfel, der mit einem Ausblick auf
einen kleineren See mit einer kleineren Insel überrascht, sind wir in einer
guten Stunde (mit vielen Fotografier-Pausen). Den Cache oben finden wir leider
nicht. Trotz Mamas und Papas Hilfe. Der Ausblick ist atemberaubend…vor allem
dann, wenn schwache Schwefelschwaden in die Nasenlöcher dringen.
Unser Transportmittel
Die Faulen...
...die Braven!
Der See im See
Die Insel in der Insel
Der Vulkan Taal ist der zweit aktivste Vulkan in den
Philippinen, der seit seinem ersten dokumentierten Ausbruch im Jahr 1572 33
nennenswerte Eruptionen hatte. Das letzte Mal ließ er 1977 von sich hören.
Die Bootsfahrt zurück zum Auto war vielleicht ein Spaß! Ich,
als das Schild der Mannschaft, bekam eine gratis Ganzkörperdusche verpasst. Wer
weiß, vielleicht hat das Wasser was Heilendes… Bevor wir uns auf dem Weg zu
unserer allerletzten Station unserer Reise machten, jausneten wir gemütlich im
Pavillon, mit Blick aufs Wasser. Da durften passende Hintergrundgeräusche
natürlich nicht fehlen. Und zwar die, der Hahnenkämpfe, die für die
Einheimischen ganz zum Alltag gehören.
Die Fahrt zur Villa Escudero erweist sich wieder als eine
kleine Nervenprobe. Zwar nicht so wie am ersten Tag, aber das Ziel kam und kam
nicht näher. Das tiefe Ein- und Ausatmen des Schwiegervaters war wieder
deutlich zu hören. Links und rechts fahren sie mit Autos, Lastwägen, Tuk-Tus,
Rädern und natürlich Jeepneys. Wo ist die malerische Kulisse der Dörfer vom
Vortag? Kleinstadt an Kleinstadt und keine Ende in Sicht. Und doch sind wir am
frühen Abend am Ziel angekommen. Weg vom Trubel. Hinein in die unzähligen
Kokospalmen. Das Auto wird außerhalb der Anlage geparkt. Gott sei Dank. Willkommen
im kleinen Paradies.
Are you kidding me? Shoud I really call that hotline???
Villa Escudero ist im Privatbesitz der Familie Escudero der
zweiten bzw. dritten Generation und ist eine landwirtschaftliche Vereinigung
von 75 Familien, die auf 40 ha Grundbesitz leben und arbeiten. Die Familien,
die sich der Vereinigung angeschlossen haben, bekamen 300 m² Grund zugesprochen, auf dem sie ihr Eigenheim
errichten konnten. Die Gemeinschaft lebt nach strengen Regeln – unter anderem
ist Alkoholkonsum strengstens verboten. Nur zu besonderen Anlässen, wie runde
Geburtstage, Hochzeiten oder Jubiläen, ist Alkohol erlaubt. Um die Arbeit
bewältigen zu können, werden auch andere, der Gemeinschaft nicht Zugehörige,
angestellt. Insgesamt sind es 450 Mitarbeiter, die sich um die Kokospalmen und
das Wohlergehen der Gäste kümmern. Somit ist es nicht verwunderlich, dass ihre
Haupteinnahmequellen die Einnahmen aus den Kokosplantagen sowie die aus dem
Tourismus sind. Nachdem wir uns
abwechselnd auf der Liegematte entspannt hatten, mit dem Bambusfloss gefahren
sind, am Wasserfall unser Mittagessen eingenommen haben und schließlich vom
Ochsen gezogen wurden, verabschiedeten wir uns von unserem Abenteuer auf den
Philippinen und kehrten in unser bequemes Singapur zurück.
Angenehme Überraschung vor der Haustüre...
Trotz all der Strapazen, hoffen wir, dass es Mama und Papa
gefallen hat. Wir für unseren Teil würden es immer wieder tun…
Jetzt heißt es für uns, noch das letzte Stück Singapur zu
genießen…viel Zeit bleibt uns schließlich nicht mehr. Gesagt, getan. Schon letztes
Wochenende. Wir haben ein Zimmer im Osten gebucht – bitte erklärt uns nicht für
verrückt - und eine 55 km lange Fahrradtour gemacht: Bedok Reservoir, in dem
ein Stück europäischer Geschichte beheimatet ist, eine Runde um den Flughafen,
Changi Beach Park, Pulau Ubin, Pasir Ris Park, Tampines Park usw. Das kommende
Wochenende zieht es uns zum Green Corridor – der aufgelassenen Zugstrecke von
Singapur nach Malaysia.
Und noch viele weitere Dinge stehen noch auf unserer To-do-Liste…:-)
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